Dr. Claudia Pohl

Kunsthistorikerin und Dozentin
an der Universität Karlsruhe (TH)

Man kann auch mit Farbe zeichnen: Die Landschaftsbilder
der Pfalz sind nur mit gelb und schwarz gemalt, ein starker
Farbkontrast, der durch Farbmischungen auf dem Blatt, in
der noch nassen Farbe zahlreiche Variationen ermöglicht.
Obwohl man den Ort der Darstellung vielleicht lokalisieren
könnte, spielt dies nicht unbedingt eine Rolle.


Vielmehr geht es um eine spezifische Wahrnehmung der
Landschaft, die wechselnden Stimmungen der Jahreszeit
und des Tages, wobei die kontrastreiche Farbkomposition
Ansichten wie Einsichten erlauben kann, eine Wahrnehmung
also, die uns auch ein bewusster Spaziergang durch
eine kultivierte Landschaft ermöglicht. Erneut zeigt sich,
dass Bettina Kresslein ihre Arbeit immer mit einem Motiv
beginnt, das sie sozusagen transitorisch anlegt, nicht
plakativ. Zweifelsohne gehört Bettina Kresslein zu jener
Generation von Künstlern, die sich um das Warum von
Malerei Gedanken machen:

Denn Bettina Kresslein sieht in ihren Motiven nie nur den
Gegenstand, die Oberfläche, sie begreift sie als Form im
Sinne von Gestalt – als Farbform im Sinne von Ausdruck,
und nicht zuletzt als Element eines Szenarios, als Erzählform.
Ihre Bilder berichten nicht nur von Gesehenem,
sondern von Erlebtem, vom Stimmungen und Empfindungen,
von einer höchst persönlichen Aneignung von
Welt.

Hohe Lebensfreunde und Genussfähigkeit kann man aus
der Fähigkeit beziehen, differenzieren zu können, genau
hinzusehen, den Reichtum in den Variationen zu erkennen,
die Individualität eines jeden lebendigen Dinges zu
erleben. Nicht nur Essen und Trinken, auch Sehen, Hören,
Riechen und Malen macht uns genussfähig und bereichert
unser Leben. Die bewusste Wahrnehmung und
die Kultivierung unserer Sinne macht uns menschlich;
davon, denke ich, handeln die Bilder von Bettina Kresslein.